Turniere sind etwas Besonderes und die richtigen Worte zu finden, die die letzten vier Tage beschreiben, kann ich leider nicht spontan auf der Rückfahrt per Mikrofon sagen, da die Eindrücke und Momente erstmal wirken müssen.
Vor 20 Jahren nahm nur ein einziges LTV-Jugendteam regelmäßig an Tagesturnieren teil. Es ging nach Rheinberg, Ennepetal und auch mal nach Bad Sassendorf mit mir als Spielertrainer und Kapitän, selbstorganisiert in der damaligen U16 und später U18. Schon damals habe ich davon geträumt, an einem internationalen Turnier teilzunehmen. Die Youth Basketball Festivals in Ungarn oder auch Tschechien waren ganz groß angesagt. Mehrere Tage Basketball, sich mit Teams aus anderen Nationen zu messen, gemeinsam Zeit mit der eigenen Mannschaft zu verbringen, Neues zu entdecken und über den Tellerrand zu schauen. Damals waren wir jedoch ein kleiner Basketballverein und es gab keine (erwachsenen) Personen, die eine Auslandsfahrt organisiert hatten.
Die kleinen Tagesturniere in NRW, praktisch vor der Haustür, waren damals schöne Erlebnisse, worauf ich mich das ganze Jahr als Jugendlicher gefreut hatte und die in schöner Erinnerung blieben. Daher die besondere Motivation, vor genau 10 Jahren die Fahrt nach Dänemark erstmalig anzubieten und auch die Teilnahme an dem Wochenend-Turnier in Enschede zu organisieren.
Jetzt sind wir als Abteilung über die Jahre enorm gewachsen. Wir richten unsere eigenen Mini-Turniere aus und sind seit mehreren Jahren international unterwegs. Enschede und Lemvig sind für die meisten ein Begriff, der nicht mehr wegzudenken ist. Dafür richte ich meinen Dank an die Coaches, die sich hierfür die Zeit nehmen, sowie auch an die Eltern, die bisher mitgefahren sind.
2024 war für mich das entspannteste Lemvig-Jahr, weil wir Pre-Meetings gemacht haben, um alle Teilnehmer/innen vorher besser abzuholen und alle auch etwas älter/selbstständiger waren und die Mehrheit bereits die Erfahrung gemacht hat, wo die Courts, Unterkünfte, Essen und das Kampfgericht sich befinden.
Im Laufe des Turniers kam dann immer häufiger die Frage, ob wir der einzige Verein sind, der das Kampfgericht macht und warum wir es denn so häufig machen müssen. Dazu eine kleine Geschichte über die Hintergründe: 2014 war ich das erste Mal da und habe den riesigen ehrenamtlichen Aufwand gesehen, um so ein großes Turnier mit fast 200 Teams zu stemmen. Dort nehmen sich die Eltern der Lemvig-Spieler/innen extra Urlaub, damit so ein Turnier organisiert werden kann und die Teilnehmer aus aller Welt Spaß haben. Essensausgabe, Putzen der Toiletten, die die Teilnehmer beschmutzen und nicht wieder sauber machen, Esstische aufräumen, 3-Schicht-Dienst an den jeweiligen Rezeptionen (Info Office) der Schulunterkünfte, damit ein Ansprechpartner immer vor Ort ist, falls etwas passiert, Kampfgericht, Courtwatcher, Auf- und Abbau und vieles mehr.
Begeistert vom Engagement der Eltern sowie der Spieler/innen von Lemvig Basket habe ich angeboten, dass wir vom LTV Lippstadt ebenfalls unseren Beitrag leisten möchten, um das Turnier schöner zu gestalten. Denn ich bin dankbar dafür, dass dieser Verein es überhaupt möglich macht, ein so großes Event zu organisieren. Nichtsdestotrotz sah ich den enormen Stress und die Belastung. Es ist ein Geben und Nehmen, doch ich sah, wie viele Menschen hauptsächlich nur nehmen und die Wertschätzung für das soziale Engagement immer mehr in den Hintergrund rückt. Mit dem Veranstalter habe ich eine Vereinbarung getroffen, dass wir beim Kampfgericht und Abbauen der Osthallen unterstützen und wir im Gegenzug Vergünstigungen erhalten, damit wir die Kosten reduzieren können, um so die Möglichkeit zu geben, mehr Spieler/innen daran teilnehmen zu lassen. Einige haben mehrere Geschwister und die finanzielle Belastung kann dementsprechend höher sein. Noch günstiger wäre es natürlich, wenn wir mit dem LTV-Bulli fahren. Das habe ich in der Vergangenheit gemacht. Jeder weiß, wie ungemütlich und wenig Schlaf man vor Ort bekommt. Außerdem sind wir deutlich mehr Spieler/innen geworden, sodass eine Fahrt mit mehreren Bullis schwierig wird. Im ermüdeten Zustand, 4 Tage auf dem Boden zu schlafen (Rücken- und Kopfschmerzen lassen grüßen), fahre ich nicht mehr den Bulli und werde das auch so nicht zulassen. Die Verantwortung und das Risiko, dass etwas während der langen Fahrt im tiefsten Winter passiert, ist zu groß und daher habe ich mich entschieden, diese Vereinsfahrt seit einigen Jahren in professionelle Hände zu geben und dafür einen Reisebus zu beauftragen. Es ist wichtig, über die Kosten zu schauen und mögliche Optimierungen zu erzielen, jedoch darf man nicht an der falschen Stelle sparen.
Wenn wir mehrere Sponsoren finden, die den Reisebus mitfinanzieren, wäre ich auch hier mehr als dankbar. Wir werden jedoch weiterhin das Kampfgericht übernehmen, die Halle mit abbauen und die Tradition des Füreinander/Miteinander und die langjährige Freundschaft mit Lemvig Basket aufrechterhalten.
Während des Turniers hatte ich die Gelegenheit, alle 5 Mannschaften zu beobachten oder sogar auch direkt die Teams zu unterstützen.
U16w
Viele waren bereits das 3. Mal dabei, sodass das Team sich fast komplett selbst organisiert hat und es für mich als Coach sehr entspannt war, die Gruppe zu führen. Früh waren alle im Bett, denn aus der Erfahrung der vergangenen beiden Jahre heraus wussten sie Bescheid, dass genügend Schlaf notwendig war, um die Tage zu „überleben“. Nach Startschwierigkeiten haben wir uns besser zurechtgefunden und wirklich gute Spiele in den B-Playoffs abgeliefert. Im Halbfinale sind wir dann leider ausgeschieden. Das Fehlen einiger Stammkräfte konnte das Team gut auffangen und ein Turniersieg im B-Playoff-Finale wäre mehr als möglich gewesen. Wir haben unser Potential in den entscheidenden Momenten nicht abgerufen und zu viele Fehler gemacht. Die beste Performance war abseits des Feldes. Auf den Zuschauerrängen von Court 1 wurde gefeiert und gesungen anlässlich des Geburtstags von unserem U18-Spieler Niklas. Ich kann zwar bis heute nicht sagen, ob er sich über diese Gesangseinlage gefreut hat, doch es ist ein besonderer Tag und den feiern wir gerne mit dir 🙂
U16m
Gespickt mit 12 Spielern konnte man aus den Vollen schöpfen. Jedoch kam es daher auch zu Situationen, dass einige Spieler in den besonders knappen Begegnungen nur wenige Minuten erhalten haben. Auch hier hatten wir mehrere Jungs mit Dänemark-Erfahrung, sodass sich das Team auch selbst organisiert hat. Im Halbfinale am 29.12. um 20:45 war es ein echter Krimi gegen das belgische Team Hades Kiewit BBC. Wir lagen früh im Rückstand und mussten uns mit viel Kraft und Einsatz zurückkämpfen. Es war wie ein Berg zu erklimmen. Schritt für Schritt hievten wir uns hoch. Ursprünglich sollte das Spiel aufgenommen werden, jedoch war ich so sehr beschäftigt, das Team nach vorn zu peitschen, sodass keine Zeit für die Aufnahme blieb. Zum Ende war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen und bis kurz vor Schluss war es nicht klar, wer als Sieger feststehen würde. Am Ende haben wir mit viel Herz und Leidenschaft den Finaleinzug mit 29:30 erkämpft! Das Spiel wird mir in bester Erinnerung bleiben. Danke für diesen großartigen Moment. Im Finale im Hexenkessel mit bester Stimmung unterlagen wir dann dem niederländischen Topverein BV Hoofddorp mit 36:44, welches per Instagram-Livestream spontan übertragen wurde.
U18w
Für die meisten das erste Mal Lemvig. Auch hier hat man gesehen, dass wir Startschwierigkeiten hatten, ins Turnier reinzukommen. Die Spielhärte anzunehmen und sich immer wieder auf unterschiedliche Schiedsrichter einzustellen. Dennoch hat man auch hier den Aufwärtstrend im Laufe des Turniers gesehen und immer mehr Aktionen waren erfolgreich. Einen Shuttlebus verpasst oder sagen wir mal „verquatscht“, kamen wir zu spät zum Kampfgericht. Aus dem Bus ausgestiegen, rannten alle um ihr Leben zu den Courts 1, 2, 3 und 4. Bitte die gleichen Sprints für die zukünftigen Spiele einlegen 🙂 In der Defense und Offense 🙂
U18m
Unser einziges Team, welches sich für die A-Playoffs qualifiziert hat. Im Achtelfinale auf Court 1 lagen wir lange in Führung und kontrollierten das Spielgeschehen. Der Vorsprung schmolz und der Gegner konnte mit einem Dreier das Spiel in die Verlängerung retten und am Ende 29:35 gewinnen. Ich habe mich sehr geärgert, dass ich nicht zugeschaut hatte. Zeitlich hätte ich nur die Hälfte der zweiten Halbzeit sehen können und war ebenfalls sichtlich erschöpft vom Tag. Per Liveticker habe ich mitgefiebert. Schade, dass es nicht geklappt hat. Bald werdet ihr den Kern unserer ersten Herren bilden. Am vorletzten Tag hat das Team dann ab 20:00 drei Stunden lang das Kampfgericht übernommen und beim Abbauen geholfen. Vielen Dank für euren Einsatz. Außerdem unterstützten die Jungs die ersten U21m-Spiele. Natürlich ist es nicht motivierend, wenn man wenig Einsatzzeiten bekommt. Danke an Elias, der sich trotz Verletzung mit auf die U21m-Bank gesetzt hat, um beim Team zu sein. Deine Einstellung ist tadellos.
U21m
Die bunt gemischte Truppe aus H1-, H2-Spielern sowie externen Kräften aus Salzkotten und Paderborn machte insbesondere beim Halbfinale gegen den Gastgeber besonders viel Spaß. Durch Spielverzögerungen konnte das Spiel erst kurz nach Mitternacht stattfinden. In einer beeindruckenden Atmosphäre, von den anderen LTV-Teams angefeuert, machten wir um kurz nach 01:00 den Finaleinzug mit 50:39 perfekt. Alle rannten aufs Spielfeld, während ich weiterhin die Ehre hatte, mit der Massagepistole die zarte Wade von Benjamin zu massieren. Ich hätte nicht gedacht, dass wir es so weit schaffen, wenn ich da an das Eröffnungsspiel denke. Da wurden wir regelrecht vorgeführt. Das war auf jeden Fall kein Basketball, was wir gezeigt hatten. Damian guckte mich zur Halbzeit an und fragte: „Was sollen wir tun?“
Ich daraufhin: „Du spielst schlecht, wechsel dich aus.“ Er: „Ja, danke.“
Im Nachgang tut mir das Feedback leid. Wenig hilfreich, dafür aber ehrlich und auf den Punkt gebracht 🙂 Dennoch muss ich mich verbessern, in schwierigen Situationen zu unterstützen und mich nicht zu beschweren und draufzuhauen.
Das Finale war im Hexenkessel ebenfalls ein großartiges Erlebnis, welches ich nicht so schnell vergessen werde. Mit einem weiteren spontanen Livestream konnte Abteilungschef Dominik aus der Ferne das Spiel hautnah miterleben. Er träumt heute noch von Henri und Wilfried. Er hat sicherlich auch mal Lust, gemeinsam mit Nikola Lemvig zu rocken.
In diesem Jahr konnte ich viel mehr beobachten und die Momente genießen als die Jahre zuvor. Viele Situationen waren schön zu sehen.
Nach dem ersten U16w-Spiel fragte mich der Gegner, ob wir ein gemeinsames Foto machen können. Denn wir haben verstanden, dass der Sieg nicht die oberste Priorität ist, sondern sich hart aber fair zu duellieren, gemeinsam Spaß zu haben, Rücksicht zu nehmen und Wertschätzung füreinander zu haben, dass wir das Event erleben dürfen.
Während des Kampfgerichts gab es immer wieder nervige Zuschauer und Coaches, die uns immer über die Schulter geschaut haben und sich lautstark beschwerten, dass wir die Punkte nicht sofort umgeklappt haben. Ihr alle habt einen großartigen Job gemacht und euch nicht beunruhigen lassen. Eine Situation gab es, wo Kjell und Jamie am Kampfgericht saßen und die Trainerin ständig lautstark kommentiert hat, was sie zu machen haben. Unsere Jungs sind jedoch ruhig und freundlich geblieben und haben diese hitzige Situation gut deeskalieren können. Bravo.
Bei einem Mittagessen sah ich, wie sich Maxi mit einem Spieler aus einem anderen Verein unterhalten hat. Auch andere von uns haben Kontakte geknüpft, und es ist wunderbar zu sehen, wie Basketball Menschen verbindet, unabhängig davon, woher sie kommen.
Im Shuttle-Bus zu sitzen, wenn einige mit ihrer Box die Musik aufdrehen, sorgte für eine gute Stimmung während der Fahrt.
Einmal hat es die U16m nicht zum Mittagessen geschafft, kündigte ich eine Bestellung auf. „Welche Pizza wollt ihr denn haben? Das breite Grinsen von Iranio habe ich jetzt noch in bester Erinnerung. Ich hoffe, es hat geschmeckt.
Am ersten Tag wurde direkt ein Handy, eine Geldbörse und eine Trinkflasche im Bus vergessen. Wir hatten Glück. Alles kam am nächsten Tag wieder zurück. Aber auch ich habe mein E-Book und meine Powerbank vergessen und werde es morgen beim Busunternehmen abholen müssen.
Wir sind spontan beim Kampfgericht zusätzlich eingesprungen, als wir gesehen haben, dass keiner da war. Zu Hause in Lippstadt erleben wir des Öfteren eine Ellbogengesellschaft, wo sich einige über die Einteilung des Kampfgerichts aufregen, versuchen, so wenig wie möglich zu machen und sich sogar nicht melden oder immer wieder Ausreden haben, warum man nicht kann. Es ist eine Frage des Zeitmanagements und der eigenen Einstellung.
Gleiches Phänomen haben wir auch bei Auswärtsspielen. Ich bin dankbar über alle (fast immer die gleichen) Eltern, die fahren. Es ist nachvollziehbar, wenn einige wirklich nicht fahren können. Eine „kein Bock“-Einstellung und „Ich habe etwas Besseres zu tun“ ist leider sehr schade. Wenn jeder so denkt, dann können wir auf Dauer unseren Basketball nicht weiterführen. Auch hier gilt es: Verteilen wir die Aufgaben auf mehreren Schultern, dann ist es für alle leichter.
Wir geben anderen Spieler/innen die Möglichkeit, mit uns die Auslandsturniere zu spielen, und andere Vereine laden uns auch ein, bei deren Vereinsfahrten dabei zu sein. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit Stefan und Benjamin und heißen weitere Spieler/innen willkommen, sofern genügend Platz im Bus ist.
In diesem Turnier geht es um mehr als nur Basketball. Hier geht es vielmehr um Werte, die wir vermitteln möchten. Vor dem Spielbeginn werden die Schiedsrichter, Gegner und das Kampfgericht begrüßt und abgeklatscht. Dabei guckt man sich in die Augen und zeigt Wertschätzung füreinander. Nach dem Spiel wird sich ebenfalls ordentlich verabschiedet mit Augenkontakt und Abklatschen, egal wie das Spiel ausgegangen ist und was auf dem Feld passiert ist. Wir müssen vorbildlich sein und uns fair verhalten, auch wenn wir ungerecht und unsportlich behandelt werden. Nur weil jemand sich unfair verhält, sollten wir nicht mit Unfairness antworten. Indem wir fair bleiben, setzen wir ein positives Beispiel für andere. Wenn wir unsere eigenen Werte und Prinzipien halten, zeigen wir Charakter, schaffen Respekt und Vertrauen und bleiben moralisch langfristig auf dem richtigen Weg.
Lemvig 2024 hat mir wieder eine große Freude gemacht. Danke, dass ihr teilgenommen habt und für schöne und auch lehrreiche Momente gesorgt habt. Ohne die Coaches Damian, Jonas und Artem wäre diese Fahrt auch nicht möglich. Wir sehen uns alle demnächst wieder in der Halle. Auf ein schönes Jahr 2025 und viele weitere schöne Erlebnisse und Erinnerungen.
Euer Chi Hou